ICH SEHE: „Einen Weg entlang der Ems, gesäumt von schönen alten Buchen…“
Der Wald der Frühblüher – der Esterfelder Forst
Im Frühjahr wird die Wanderung oder ein Sparziergang im Esterfelder Forst zwischen Ems und den stattlichen Buchen mit dem Anblick von zahlreichen Frühblühern belohnt. Die erste Frühlingssonne lässt die Hahnenfußgewächse, das Scharbockskraut und die Buschwindröschen erblühen. Sie strahlen mit ihren gelben und weißen Blüten!
Das Scharbockskraut hat seinen ungewöhnlichen Namen von der Seefahrerkrankheit Skorbut. Denn die Seemänner stürzten sich auf das erste Grün des Jahres, um ihrem Vitaminmangel entgegenzuwirken. Der Frühblüher wurde von den einstigen Seefahrern aufgrund des hohen Vitamin C-Gehaltes geschätzt und gegen den gefürchteten Skorbut eingesetzt. Die jungen Blätter müssen allerdings vor der Blüte der Pflanzen geerntet werden, denn mit ihrer Blühte besitzt sie einen hohen Gehalt an sog. Protoanemonin, einem wenig bekannten, aber ungenießbaren Stoff. Folgen von zu hohen Dosen sind: Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Junge Blätter dagegen sind unbedenklich genießbar und haben einen leicht scharfen, nussigen, frischen Geschmack.
Die zweiblättrige Schattenblume (lat. Bezeichnung: Maianthemum bifolium) wächst mit ihren glänzend grünen Blättern gleich neben dem Scharbockskraut. Der Geophyt, auch Erdpflanze genannt, blüht ab Mai und bildet später rote Früchte aus, die nicht essbar sind. Am Hang zur Ems hinunter breiten sich die Schattenblumen zu frischgrünen Teppichen aus mit ihren herzförmigen Blättern.
Zwischen ihnen erheben sich zarte Stängel mit gerollten Blättern, die ein bisschen wie Spargel aus dem Boden schießen: Salomonssiegel (lateinisch: Polygonatum odoratum). Tatsächlich gehören sie zur Familie der Spargelgewächse (Asparagaceae). Die Blätter, die am Anfang noch zart eingewickelt sind, entfalten sich nach und nach zu ihrer unverkennbaren Gestalt. Wie ein Regenschirm spannen sie einzelne Blättchen über die glockenförmigen, weißen Blüten, die im Mai/ Juni die Pflanze zieren. Sie hängen an den Stielen, wie an einer Kette aufgereiht, herab.
Das Besondere ist ihr lieblicher, dezenter Duft (daher der lat. Name der Pflanze odoratum). Doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen: Der Salomonssiegel ist stark giftig und wird im Gegensatz zu seiner engen Verwandten, der vielblütigen Weißwurz (Polygonatum multiflorum), nicht als Heilpflanze genutzt.
Und noch eine besondere Pflanze wächst hier am idyllischen Wegesrand in direkter Nähe zur Ems: Das Moschuskraut (lateinisch: Adoxa moschatellina) - ebenfalls ein typischer Frühblüher, der im Februar/ März schon in lichten Wäldern erscheinen kann und sich bis Mai/ Juni meist wieder zurückgezogen hat. Die Blüten sind fast farblos- hellgrün und seltsam würfelförmig. Der lateinische Name Adoxa heißt sogar "unscheinbar", dafür entströmt ihnen ein moschusartiger Duft. Es lohnt sich also, während des Spaziergangs im Esterfelder Forst, die Nase nach Düften suchen zu lassen, den Blick auf den Boden zu lenken und gleichzeitig über die Landschaft an der Ems schweifen zu lassen.