Hügelgräber in den Wäldern von Börger
Versteckt in den dichten Wäldern um Börger entdecken Wandernde noch heute die Zeugen einer längst vergangenen Zeit. Fast unscheinbar unter Moos und Blaubeersträuchern verborgen, erahnen aufmerksame Beobachter vom Wegesrand aus ein paar flache Hügelchen. Anders als in der übrigen Umgebung handelt es sich hierbei nicht um kleine Wanderdünen. Es sind die sagenumwobenen Grabhügel, die einst von Heidesträuchern bewachsen als letzte Ruhestätte für die mächtigen Altvorderen dieser Region dienten.
Über ganz Europa verteilt dienten Hügelgräber während der Bronze- und Eisenzeit als monumentale Bestattungsorte. In Skandinavien, Nordwestdeutschland und Osteuropa wurde diese heidnische Sitte sogar bis hinein ins frühe Mittelalter praktiziert. Heute ist nur noch wenig bekannt über die stolzen Menschen die damals in der wilden, von Mooren durchzogenen Geestlandschaft lebten. Woran sie glaubten, ist nur wage bekannt, denn wenige Quellen zeugen von ihrer Glaubenswelt. Das was bleibt, sind jedoch ihre Sagen und Geschichten, die von Mund zu Mund und von Generation zu Generation weitergegeben wurden, wie schon damals an den Feuerstellen in den hölzernen Langhäusern unserer Vorfahren. Eine dieser Sagen berichtet von der Gründung Börgers und reicht zurück in eine Zeit als die Raben des Gottes Wodan über Wälder und Moore wachten und die unbeugsamen Sachsen und Friesen den Norden beherrschten.
Als Karl der Große danach trachtete sein Kaiserreich zu vergrößern um seine Macht vom Rhein bis zur dänischen Grenze auszubauen, führte dies zum erbitterten Widerstand der letzten freien Stämme dieser Region. Die Unterwerfung unter die Herrschaft des Frankenkönigs und das damit verbundene Verbot der prädemokratischen Thingversammlung führte stieß auf Gegenwehr, ebenso wie die Bestrebungen Karl des Großen die hiesige Bevölkerung mit Feuer und Schwert zu christianisieren. So kam es, dass der Stammesbund der Sachsen unter der Führung des westfälischen Herzogs Widukind einen erbitterten Guerilla-Krieg gegen das mächtige Frankenreich führte.
Das Sachsenland erstreckte sich vom westfälischen Emsland über Engern im Mindener Land bis nach Ostfalen in der Harzregion. Im Norden reichte es bis hoch zur dänischen Grenze und der alten Handelsstadt Haithabu. Im Nordwesten, entlang der Nordsee, siedelten sich die Friesen an. Ihr Land reichte von der Niederländischen Provinz Zeeland der Küste folgend bis zur Mündung der Weser. Ebenso wie die Sachsen verehrten sie die alten Götter und waren bestrebt die fränkische Expansion nach Norden zu unterbinden. Ihr damaliger Friesenfürst Surwold, Enkel des mächtigen Radbod, kam seinen heidnischen Verbündeten in einer schrecklichen Schlacht an der Hase zu Hilfe. Während dieser Schlacht bei Dörgen in der Nähe von Haselünne wurde Surwold, der den alten Bräuchen gemäß selbst das Schwert in der Schlacht führte, schwer verwundet. Seine Mannen brachten ihn zurück in das Land der Friesen an dessen damaliger Grenze das heutige Börger liegt. Trotz aller Mühen verstarb ihr Fürst und wurde in dieser Grenzmark des Friesenreiches beigesetzt. Die 16 verbleibenden Mitglieder seiner Ehrenwache, die nicht von seiner Seite wichen, als er hier auf dem Hümmling beigesetzt wurde, sollen der Sage nach, die Vorfahren der 16 Erbhofbesitzer Börgers sein.
Wer nun genau in diesen Hügeln begraben liegt, ist ungewiss. Aber sind es nicht eben die Sagen und Legenden, die es vermögen einen solch geheimnisvollen Ort mit Leben zu füllen?