Bei manch einer Wanderung durch die südlichen Ausläufer des Hümmlings sind zweitweise gewaltige Detonationen zu hören. Grund hierfür ist die Wehrtechnische Dienstelle für Waffen und Munition (WTD 91), die hier mit 19.200 Hektar den europaweit größten Versuchsschießplatz betreibt.
Da die Friedrich Krupp AG im ausgehenden 19. Jahrhundert nach einem größeren Gelände suchte, um ihre Marine- und Heeresgeschütze zu testen, schien das dünn besiedelte Emsland mit dem riesigen Moorgebiet der Tinner Dose wie geschaffen für diese Zwecke. Das Gebiet war durch die Nähe zur Bahnlinie Ruhrgebiet-Emden gut erreichbar und bot wesentlich mehr Platz als die vormaligen Schießplätze Dülmen und Berlin-Tegel.
Im Zuge der Planung und Umsetzung wurden neben der Verbindung zum Bahnhof Meppen auch weitere Baumaßnahmen von Beobachtungsbunkern und Fernmeldeeinrichtungen nötig. Am 5. September 1877 konnte schließlich der Schießbetrieb beginnen. Neben einigen internationalen Artilleriewettbewerben, die hier während der Kaiserzeit stattfanden, wurden auf diesem Gelände auch legendäre Geschütze wie der 42cm-Gamma-Mörser, besser bekannt unter dem Namen „Dicke-Bertha“, getestet.
Die Erprobung solcher Geschütze verlief nicht immer ohne Zwischenfälle. So wurde beispielsweise versehentlich das Pfarrhaus der Gemeinde Wahn beschossen. Nach dem Ende des 1. Weltkrieges kam der Schießbetrieb jedoch vorerst zum Erliegen. Erst durch das Betreiben Adolf Hitlers, der das Gelände persönlich besuchte, wurde ein Neuanfang der Versuchsstelle veranlasst. Im Zuge der Erweiterung des Areals wurden die Bewohner der Gemeinde Wahn zwangsumgesiedelt und ihr geliebtes Dorf dem Erdboden gleichgemacht. Noch heute erinnert ein Gedenkstein an die alte Heimat der Wahner und noch immer werden Blumen auf ihrem Friedhof am Rande der verlassenen Siedlung abgelegt.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurde der Betrieb auf dem Gelände erneut eingestellt und erst im Jahre 1957 sollte das Verteidigungsministerium der Bundesrepublik eine neue Munitionserprobungsstelle auf dem Gelände gründen. Ob weltweit eingesetztes Kriegsgerät wie die Kampfpanzer Leopard 1 & 2, Panzerhaubitzen oder Raketensysteme – die WTD91 ist bis heute maßgeblich an der Entwicklung von militärischen Waffen beteiligt.
Traurige Berühmtheit erhielt das Gelände der WTD 91 aufgrund des Moorbrandes 2018, bei der eine 70mm-Luft-Boden-Rakete das während der Dürre ausgetrocknete Moorgebiet der Tinner Dose in Brand setzte. Während vom Landkreis Emsland der Katastrophenfall ausgerufen wurde, kämpften über 1500 Einsatzkräfte auf über 1000 Hektar Fläche wochenlang gegen den Moorbrand, der bis nach Bremen und Hamburg zu riechen war.
Trotz dieser Katastrophe, die durch den Schießbetrieb der WTD 91 zustande kam, kann man aus Naturschutzsicht eines festhalten: Ohne diese Nutzung des heute größten intakten Hochmoores der Bundesrepublik als Schießplatz wäre auch die Tinner Dose heute höchstwahrscheinlich abgetorftes Ackerland.