ICH SEHE: Das Wollgras im Wesuweer Moor, das vom Wanderweg aus hervorragend zu erkennen ist. Die Wollgrasbestände wachsen bis in die wiedervernässten Bereiche des Moores.
Die aufgestauten Gräben und Polderflächen stellen für die Renaturierung des Wesuweer Moores wichtige Pionierstandorte dar. Da hier die Wasserhaltung gesichert ist, haben sich während der Jahre, in denen das Hochmoor industriell abgetorft wurde, moortypische Arten halten können oder sie besiedeln es aus ihrem Samenbestand heraus neu. Ein solcher typischer Pionier der Moorregeneration ist das Wollgras: Im Frühling bietet das Moor ein besonderes Naturschauspiel – ab April ist die Zeit der weißen Wochen im Moor. Das Wollgras steht in voller „Blüte“, wie man sagt, und doch ist nicht die Blüte, sondern der Fruchtstand gemeint. Das Wollgras blüht nämlich unauffällig schon ab März. Das, was es so auffällig macht, ist der Fruchtstand: Wollgräser besitzen Früchte an langen weißen Wollfäden, die das Moor in ein Meer aus Wattebauschen verwandeln. Das Schmalblättrige Wollgras (Eriophorum angustifolium) vermehrt sich über Ausläufer. Auf Wiedervernässungsflächen steht es daher dicht an dicht in Rasen beieinander. Doch je höher der umgebende Torfmoosrasen, desto mehr verlagert sich die seitliche Ausbreitung über Ausläufer hin zu einer übereinander gelagerten Ausbildung – das Schmalblättrige Wollgras wächst nicht nebeneinander, sondern mit dem Aufwachsen des Torfmoosrasens übereinander – im sogenannten Stockwerkwuchs. Die unteren Pflanzenteile sterben in Laufe der Zeit ab, während die oberen Stockwerke weiterwachsen. Die Ausläufer erlauben es der Pflanze auch, die neu geschaffenen Lebensräume in den Wiedervernässungsflächen rasch zu besiedeln. Sie können auf den nackten Torfen schnell großflächige Rasen bilden.
Im Herbst verfärben sich die Blattspreite der Pflanzen rot, so dass ein Rasen rot wogender Gräser sich im Wind wiegt. Das Schmalblättrige Wollgras besitzt 3-5, manchmal sogar bis zu 8 solcher gestielten und nickend hängenden Wollbüschel am Ende der Pflanze. In früheren Zeiten wurden diese Wollbüschel gesammelt und als Isolierung in Mauerritzen oder als Füllungen in Kissen gestopft. Als Heilpflanze galt sie als Mittel gegen Durchfall, die jungen Triebe wurden als Stärkungsmittel im Frühling gegessen. Eine Verwandte vom Schmalblättrigen Wollgras ist das Scheiden-Wollgras (Eriophorum vaginatum): Es wächst im Gegensatz zum zuvor beschriebenen Rasen zu dichten Bulten heran. Diese können mächtige Ausmaße annehmen, die über den Torfmoosrasen erhaben sind. Im Torf bleiben die zähen, langen Fasern der Blattscheiden Jahrhunderte lang erhalten und ärgerten einst manch Torfarbeiter: Sie sind mit dem Spaten kaum zu durchtrennen, weshalb sie als Kuhfleisch bezeichnet wurden. Will man trockenen Fußes ein Moor durchqueren, so kann man von Bult zu Bult auf ihnen springen! Sie besitzen nur ein einziges Köpfchen aus weißen Wollhaaren als endständiger Fruchtstand und dies unterscheidet beide Wollgrasarten auf den ersten Blick.