Als Haren „Maczków“ hieß
Als Haren „Maczków“ hieß
Die Inselmühle in Haren dokumentiert die Geschichte der Schifferstadt
Mit dem Haus der Harener Geschichte in der historischen Inselmühle soll einem einzigartigen Kapitel der Nachkriegsgeschichte Harens besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Die Stadt war nach dem Zweiten Weltkrieg von 1945 bis 1948 vollständig von der einheimischen Zivilbevölkerung geräumt worden, um hier vorübergehend polnische "Displaced Persons" unterzubringen.
Dabei handelte es sich um ehemalige Armeeangehörige, Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und durch den Krieg verschleppte Personen, die in Haren vorübergehend ein Zuhause fanden.
Für diese Menschen bedeutete „Maczków“, wie der Ort zu Ehren des Generals der 1. Polnischen Panzerdivision, Stanisław Maczek, umbenannt wurde, eine Chance, nach den Schrecken des Krieges wieder in ein normales Leben zurückzufinden.
Mit polnischen Schulen, Theater und Kino entstand ein lebhaftes Gemeinwesen mit demokratisch gewählten politischen Vertretern. Die vorwiegend jungen Menschen hatten in Maczków die Gelegenheit, einen Schulabschluss zu machen und einen Beruf zu erlernen – Dinge, die ihnen während der deutschen Besatzung Polens verwehrt worden waren.
Für die Harener jedoch blieb diese Zeit ein äußerst unliebsames Kapitel in ihrer Geschichte. Für sie war die plötzlich angeordnete Evakuierung, bei der vielen binnen 24 Stunden ihre Häuser räumen mussten, mit vielen Unsicherheiten und einer nur notdürftigen Behausung in Behelfsunterkünften im Harener Umland verbunden.
Lange Zeit wurde über die „polnischen Jahre“ der Stadt folglich kaum gesprochen. Stattdessen wollten viele Menschen das Kapitel möglichst rasch wieder vergessen.
Dass ausgerechnet Haren für die Evakuierung auserwählt wurde, hat gleich mehrere Gründe. Zum einen wurde die Stadt im Zweiten Weltkrieg kaum zerstört und wies daher eine intakte Infrastruktur mit Schule, Krankenhaus, Apotheke und Einrichtungen zur Lebensmittelversorgung auf.
Zum anderen war der Ort auf natürliche Weise von zwei Flussläufen umschlossen, einmal dem Haren-Rütenbrock-Kanal im Süden, und dann von der Ems auf östlicher und nördlicher Seite. So konnte die Stadt mit wenig Militäreinsatz gesichert werden, denn Deutsche sollten den Ort vorerst nur noch mit Ausnahmegenehmigungen betreten.
Doch das angrenzende Wasser brachte auch Probleme mit sich.
Im Februar 1946 kam es zu einem der größten Hochwasser in der Geschichte Harens, das beachtliche Schäden hinterlassen hat. Auch das benachbarte Meppen war betroffen. Zahlreiche Häuser der Harener wurden teils vollständig zerstört.
Der Schock für die Menschen nach ihrer Rückkehr war dementsprechend groß – viele machten die polnischen Bewohnerinnen und Bewohner für die Schäden verantwortlich.
Die Ereignisse erschwerten zunächst eine Aufarbeitung dieses sensiblen Themas der Stadtgeschichte.
Mehr als 70 Jahre nach den Ereignissen erinnert heute ein Dokumentationszentrum an dieses besondere Kapitel der gemeinsamen deutsch-polnischen Geschichte. Seit 2021 befasst sich eine Dauerausstellung in der Inselmühle mit der Zeit, als Haren Maczków hieß.
Sie beleuchtet das Thema wertfrei sowohl aus polnischer Sicht wie auch aus Sicht der Harener Bevölkerung. Im Jahr 2023 wurde die Inselmühle unter Beteiligung hochrangiger polnischer und deutscher Vertreter offiziell als Dokumentations- und Begegnungszentrum eingeweiht.
Doch nicht nur die Nachkriegszeit ist Thema in der Harener Inselmühle.
Neben dem Dokumentationszentrum befindet sich auch das Harener Stadtarchiv in den Räumlichkeiten, das für die Gesamtgeschichte des heutigen Stadtgebietes zuständig ist.
Die Inselmühle selbst ist eines der wenigen noch erhaltenen historischen Gebäude in Haren. Ihre Entstehung reicht bis ins frühe 19. Jahrhundert auf die Familie von Martels zurück, die im 17. Jahrhundert auch das Schloss Dankern erbauen ließ.
Seit den 1930er Jahren befand sich die Mühle im Besitz der Familie Funke, was sie unter dem Namen „Funkenmühle“ im Stadtgebiet bekannt machte. Als Windmühle wurde sie bis in die 1960er Jahre zum Mahlen von Getreide genutzt.
Mit der Zunahme industriell gefertigter Nahrungsmittel allerdings wurde die Mühle bedeutungslos und lag so über Jahrzehnte brach, bis sie schließlich eine neue Verwendung als Haus der Harener Geschichte fand.