Heide Suhl ist die letzte Buchbindern in der Region – und rettet mit Geduld, Geschick und Leidenschaft ein Stück Kulturgeschichte
Am 1. April 1968 wurde auf Initiative von Pastor Hubertus Meyer zu Schlochtern der Heimatverein Kirchspiel Emsbüren gegründet. „Ihm war es immens wichtig, das Kirchspiel und den Heimatverein miteinander zu verknüpfen.“ betont Ewald Sils, der aktuelle Vorsitzende, und er fährt fort „Die Gesellschaft hatte sich in den 68er Jahren verändert und es galt, das Dorf Emsbüren mit den Bauernschaften zu verbinden, um zukünftig den Zusammenhalt zu gewährleisten.“.
Mit den Stichworten „Heimat“ und „Kirchspiel“ überzeugte der Pastor. Und so sind beispielsweise die Ortsbürgermeister auch 50 Jahre später kooptierte Mitglieder des Vorstandes.
Hätte sie damals in der Werlter Schulzeit auf die Berufsberatung vertraut, würde Heide Suhl heute als Radio- und Fernsehtechnikerin arbeiten. „Ich wollte etwas handwerkliches, aber keinen der gängigen Berufe machen“, erzählt sie.
Und so hat sie selbst die Initiative ergriffen, diverse Innungsmeister angeschrieben und schließlich die Zusage von einem Betrieb in Hannover erhalten. Dort absolvierte sie von 1988 bis 1991 ihre Ausbildung zur handwerklichen Buchbinderin.
Zu ihren Aufgaben gehören dabei die Herstellung von Büchern und anderen Druckerzeugnissen sowie deren Reparatur und die Fertigung von Einzelstücken und Sonderanfertigungen, wie zum Beispiel individuelle Einbände, Schuber oder Kästen.
Danach führt sie der berufliche Weg über Lübeck nach Harpstedt bei Bremen, wo sie ihre Meisterprüfung ablegt.
„Der Betrieb wurde verkauft. So konnte ich da nicht bleiben. Und weiter in den Süden wollte ich nicht, denn da war ich schon mit meinem späteren Mann zusammen“ blickt Heide Suhl zurück. Der ist mit seinem Milchviehbetrieb in Hüven fest verbunden.
„Die Kühe konnten ja nicht umziehen“, sagt sie schmunzelnd. Eine Fernbeziehung kam für das Paar nicht in Frage. So wurde von Heides Vater, ihr und ihrem Mann Heiner das kleine Holzhaus gebaut.
Und so entsteht seit 2005 in der Werkstatt zwischen feinem Papier, duftendem Leim, Gewebe und der unverzichtbaren Schneidemaschine etwas, das man heute kaum noch findet: echte Handwerkskunst.
Auf der Glasscheibe der Tür ist das Innungslogo der Buchbinder zu sehen: Über einer Presse sind Pinsel, Falzbein und Vergolderolle zu erkennen. Direkt im Eingangsbereich der Manufaktur hängt eingerahmt ihr Meisterbrief aus dem Jahr 2003. „Gut Ding will Weile haben“, merkt Heide Suhl an, denn es braucht drei Tage für eine Buchbindung bedingt durch die Handarbeit und die nötigen Trockenphasen des Leims.
Rechtsanwälte, Steuerberater oder auch Uniabsolventen lassen Fachzeitschriften, Gesetzesblätter oder ihre Bachelorarbeit zu Büchern binden. Kunden schicken ihr Bücher zur Reparatur oder sie fertigt Einzelstücke wie beispielsweise Gästebücher bei Hochzeiten oder Familienbücher zu Geburten an.
Ein besonderes Buch fertigte die Buchbinderin für ihren Bruder: Das Fotoalbum mit dem Titel „Würmchen“ besteht aus einem Umschlag aus schwarzem Leinen mit einer Schlange aus echter, abgestreifter Schlangenhaut auf dem Deckel. Bei „Würmchen“ handelte es sich um das Haustier des Bruders heißt es zur Erklärung.
Besonders gerne übernimmt Heide Suhl Restaurierungsaufträge ihrer Stammkunden, die in der Werkstatt in Hüven vorbeischauen.
Dazu gehörten unter anderem antiquarische Exemplare von der Kochbuchautorin Henriette Davidis, deren Bücher im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zur Grundausstattung vieler deutscher Haushalte gehörte.
Emslandliebe – Gestern. Heute. Morgen.
Das Themenjahr 2025 rund um das Jubiläum „75 Jahre Emslandplan“ ist eine Serie aus Erzählungen in Kooperation mit der Emsländischen Landschaft, der Emsland Tourismus GmbH und des Emsland-Kuriers.
Die Buchbinderei in Hüven
Die Buchbinderei von Heide Suhl befindet sich in der Sögeler Straße 1 in Hüven, zu erreichen unter Tel. 05952 9681283.
Die Werkstatt ist geöffnet von Dienstag bis Donnerstag zwischen 8.30 und 12 Uhr sowie
von 14 bis 17 Uhr und freitags von 8.30 bis 12 Uhr.








