
Wie einst brachliegendes Land in nutzbare Flächen verwandelt wurde
Bevor die Firma Ottomeyer aus Bad Pyrmont mit Tiefpflug, Erdhobel und Scheibeneggen das Ackerland herrichteten, weideten Heidschnucken auf den weiten Moorflächen. Die Nutzung der Moore beschränkte sich anfangs auf den Abbau von Torf, das Sammeln von Heilkräutern und das Ernten von Gräsern als Tierfutter. Um die Böden landwirtschaftlich nutzen zu können, mussten sie trockengelegt werden. Die entsprechenden Techniken – das Ziehen von Entwässerungskanälen – wurden bereits vor mehr als 3000 Jahren entwickelt.
Erste Bemühungen in Deutschland und den Niederlanden Moor-Regionen zu nutzen, gab es bereits im 16. Jahrhundert. Entwässerungskanäle entstanden, Ortschaften wurde entlang der Kanäle gegründet. So etwa in Papenburg.
Ab Mitte des 18. Jahrhunderts förderte der Staat die Kolonisierung der deutschen Moore. Siedlern wurde Eigentum und Wohlstand versprochen, doch die Wahrheit war eine andere: Der tägliche Kampf ums Überleben. Der Ausspruch „Den Eersten sien Dod, den Tweeten sien Not, den Drütten sien Brod„, Des Ersten Tod, des Zweiten Not und des Dritten Brot“ ist auch heute noch im Emsland bekannt. Erst die dritte Generation hatte eine Chance auf ein einigermaßen gutes Einkommen.
Bevor das Ackerland nutzbar war, mussten die Siedler zunächst an den nutzbaren Boden kommen. Torf musste abgetragen werden. Der diente als Heizmaterial.
Der Zweite Weltkrieg unterbrach diese Entwicklung. Doch in der Nachkriegszeit erwuchs die Moorkultivierung in der Zeit des Wirtschaftswunders vor allem in den Landkreisen Emsland und Grafschaft Bentheim zu einer Raumneuordnung unvorstellbaren Ausmaßes. Auch, weil so Lebensraum für Flüchtlinge geschaffen werden konnte. Das Emsland Moormuseum in Groß Hesepe präsentiert in seinen Ausstellungshallen Maschinen und Techniken, die zur Moorkultivierung genutzt wurden und erinnert dabei auch an die Emsland GmbH, einer Gesellschaft eigens gegründet zur Durchführung des Emslandplanes.
Auch die Heimatvereine im gesamten Emsland verfügen über etliche Bilder aus der damaligen Zeit und erinnern in Ausstellungen gern an die Arbeit vergangener Tage. So etwa die Arbeitsgruppe Ahnenforschung des Heimatvereins Wesuwe. Dabei wird deutlich, wie groß die Mühen waren, die Menschen trotz großer Maschinentechnik auf sich nahmen, um das Moor zu kultivieren. Und die waren gewaltig. Denn um das Emsland urbar zu machen, wühlten sich ab den 50ern gewaltige Tiefpflüge durch das schwere, feuchte Moor - gezogen von Pflug-Lokomotiven, die auch Lokomobile genannt werden. Bis in die 1970er-Jahre ist der 20 Meter lange und zehn Meter hohe Ottomeyer-Pflug, der „Mammut“ mit seinen 480 PS, in der Region im Einsatz und verwandelt die abgetorften Böden in einem Kraftakt in begehrtes Ackerland. Dabei fräste der seinerzeit weltweit größte und leistungsstärkste Pflug Furchen in die Erde und holt dabei Sand von unten nach oben.
Bis zu 18 Stunden lang dauerten die Schichten der Arbeiter. Um möglichst effektiv arbeiten zu können, übernachteten sie in Wohnwagen an den Baustellen. Auch für die Verpflegung vor Ort wurde gesorgt.
Rund 128000 Hektar Boden wurden so allein im Emsland kultiviert, ein Straßennetz von 800 Kilometern aufgebaut, rund 6800 Kilometer Vorfluter und Gräben ausgebaut sowie 700 Fluss-Kilometer reguliert. Doch nicht nur das, denn auch Industrie- und Gewerbeflächen wurden aufgebaut. Zwei Milliarden D-Mark investierte die Emsland GmbH bis Ende der 1980er Jahre. Gut investiertes Geld, wie sich heute zeigt. Das Emsland gehört zu den prosperierenden Regionen in der Bundesrepublik. Doch nicht alles war gut am Emslandplan.
So haben die kanalisierten Flüsse eine höhere Fließgeschwindigkeit. Das wirkt sich auf die biologische Vielfalt in der Natur negativ aus. Zudem sind Moore wichtig für ein funktionierendes Ökosystem. Durch Torfabbau und Moortrockenlegung werden zu wenig CO2 und Wasser gespeichert. Das Land Niedersachsen fährt deshalb den Abbau von Torf zurück, Moore werden in Naturschutzflächen zurückverwandelt, Flüsse wie etwa die Hase in Teilen wieder renaturiert. Hemdsärmelig packen auch hier Emsländer an, so wie einst die Siedler.
Emslandliebe – Gestern. Heute. Morgen.
Das Themenjahr 2025 rund um das Jubiläum „75 Jahre Emslandplan“ ist eine Serie aus Erzählungen in Kooperation mit der Emsländischen Landschaft, der Emsland Tourismus GmbH und des Emsland-Kuriers.