Wie ein Netzwerk aus Wolle entsteht

Handspinner aus dem Emsland plaudern aus dem Wollkästchen – Regelmäßige Treffen

Handspinner aus dem Emsland plaudern aus dem Wollkästchen – Regelmäßige Treffen

Symbolisch wie ein „Netzwerk aus Wollfäden“ ist das Netzwerk der Gruppe der HandspinnerInnen entstanden, die einmal im Monat im Kulturzentrum Fokus in Emsbüren zusammenkommt, um einer der ältesten Handwerkstechnik nachzugehen.
Neun Damen und ein Herr aus verschiedenen Orten im Emsland und der Grafschaft treffen sich seit circa fünf Jahren und plaudern bei einem der jüngsten Treffen sozusagen aus dem „Wollkästchen“. Während 10 Spinnräder gleichmäßig bewegt werden, erzählt die Gruppe, die ganz unterschiedlichen Alters ist, wie sie sich gefunden haben bzw. wie jede/r die Leidenschaft zum Handspinnen entdeckt hat.

Zunächst waren es Ulrike und Hildegard, die sich aufgrund des gemeinsamen Interesses begegnen. Am Tag des offenen Denkmals traf sich damals alljährlich im Heimatverein Emsbüren eine Kleingruppe älterer Damen zwischen 75 und 95 Jahren, um das Handwerk zu präsentieren. Fasziniert von der Runde wird Hildegard schnell klar, dass sie das Handspinnen lernen möchte um das Handwerk weiterführen zu können und bittet eine der Damen: „Maria – du musst mir das Spinnen beibringen“. Gesagt – getan - das erste Spinnrad wird angeschafft und das anfängliche Quietschen schnell behoben. Parallel erlernt Ulrike, das Spinnen in der Spinngruppe Hauenhorst. Das erste Aufeinandertreffen der beiden Frauen dauert drei Stunden – die Sympathie ist von Anfang an groß. Das Handspinnen lernen die beiden mit Geduld sehr schnell und es folgen die ersten Überlegungen einen eigenen Spinn-Workshop anzubieten. Und das Rad dreht sich zügig weiter – ein Konzept wird erstellt, mehrere Spinnräder und eine Kardiermaschine gekauft und die ersten Kurse verlaufen erfolgreich. Und so kommen Heide, Erika, Ilona, Irmgard, Marlene, Sarah und Christel dazu. Gäste und andere ehemalige Kursteilnehmerinnen wie z.B. Andrea sind herzlich willkommen. Wie Bernd als einziger Mann die Gruppe findet, erzählt Ulrike. Sie selbst teilt das gemeinsame Hobby der „Kutschfahrten“ mit Bernds Tochter Sirit. So treffen sie aufeinander und bei einem lockeren Austausch erinnert sich Bernd an seine Mutter, die immer am Spinnrad saß. Das Interesse ist geweckt und seine Tochter entscheidet kurzerhand, ihren Papa für einen der Kurse anzumelden. Bernd sei ein ruhiger Geselle der Gruppe, den sie nicht missen möchten, da sind sich alle Damen einig. Auf die Frage, wer die fertige Wolle verarbeitet, freut sich Bernd und erzählt, dass seine Frau gerne strickt. Heide strickt ebenfalls leidenschaftlich gern und hat außerdem ein Faible für ausgefallene Muster und besondere Wolle. Zurzeit hat Heide Babykamelwolle mit Milchseide auf der Nadel. Sie besucht sogar regelmäßig Wollfestivals. Sowieso hat jede der Damen und auch Bernd als Pferdeliebhaber ein besonderes Hobby neben der Handspinnerei. Ilona häkelt außergewöhnliche und komplizierte Objekte – von der Schultüte bis hin zu beliebten Kinderfiguren. Hildegard ist engagiert im Heimatverein von Emsbüren und leitet den Heilkräutergarten. Marlene ist seit über 25 Jahren im Marionettentheater in Lingen aktiv.


So vielfältig wie die Hobbys sind auch die Spinnräder der Akteure, die teilweise untereinander auch mal den Besitzer wechseln: Sowohl moderne Räder aus Ländern mit großer Spinntradition, als auch selbst gebaute Spinnräder finden sich unter dem Equipment. Der Fundus von sechs Handspinnrädern stammt beispielsweise aus einer Hobbywerkstatt aus Walchum. Ein ehemaliger Maurer und Hobby-Drechsler fertigte diese aus einer Wette heraus in den 80iger Jahren. Durch Christel aus Wippingen, haben die echten Emsländer Spinnräder neue Besitzer gefunden und es wird wieder Wolle darauf gesponnen. Der Erbauer freut sich darüber, weil er sie dort in guten Händen weiß. Der lange Weg von der Rohwolle zum Garn ist ebenfalls abwechslungsreich, aufwändig und spannend: im händischen Produktionsprozess wird die Wolle sortiert, (mehrfach) gewaschen, geschleudert, gezupft, getrocknet, gekämmt, kardiert bevor sie spinnfertig ist. Je nach Geschmack wird sie dann noch gefärbt, bunt oder uni oder einfach naturbelassen verarbeitet.

Das Netzwerk der Handspinnerei im Emsland funktioniert gut: gerne präsentiert die Spinngruppe Emsbüren neben den regelmäßigen Treffen auf Märkten, Veranstaltungen und auf Heimathöfen das alte Handwerk. Mit Erfolg – denn mindestens 70 Interessierte wurden bereits ausgebildet, unter ihnen auch junge Menschen. Der jüngste Teilnehmer ist der 18-jährige Finn, der das Spinnen mit Begeisterung erlernt hat. Und die Tendenz steigt bzw. das „Netzwerk aus Wollfäden“ wird immer enger, freut sich die gesellige Gruppe.


Emslandliebe – Gestern. Heute. Morgen.
Das Themenjahr 2025 rund um das Jubiläum „75 Jahre Emslandplan“ ist eine Serie aus Erzählungen in Kooperation mit der Emsländischen Landschaft, der Emsland Tourismus GmbH und des Emsland-Kuriers. 

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© © Schoening Fotodesign, Stefan Schöning Fotodesign
Judith Uthmann-Tattermusch
10. August 2025
Mein Tipp

Handspinngruppe erleben
Auf folgenden kommenden Märkten und Veranstaltungen präsentiert die Handspinngruppe aus Emsbüren ihr Handwerk: 
• Sonntag, 7.9.: Handwerksmarkt, Heimathof Wippingen
• Sonntag, 14.9.: Denkmaltag, Heimathof Emsbüren
• Freitag, 7.11.: Emsflower by night, Erlebnispark Emsflower in Emsbüren 
• Samstag, 29. und Sonntag, 30.11.: Adventsmarkt in Emsbüren