Das Wirken von Dr. Elisabeth Schlicht, der Emslandplan und die Entwicklung in Sögel

Ausstellung im Rathaus Ludmillenhof Sögel

Ausstellung im Rathaus Ludmillenhof Sögel

Sögel. Im Rahmen des Jubiläumsprogramms „75 Jahre Emslandplan“ präsentiert der Emsländische Heimatbund (EHB) in Zusammenarbeit mit dem Forum Sögel die zweiteilige Sonderausstellung „Neustart Heimat – Dr. Elisabeth Schlicht und der Emslandplan (1950 - 1963)“ im Rathaus Ludmillenhof. Weitere Schautafeln des Forums bilden die Entwicklung in und um Sögel ab. Die zweiteilige Ausstellung ist noch bis zum 20. November zu sehen. 

Mit großem Interesse wurde die Ausstellung in Sögel eröffnet. Samtgemeindebürgermeister Frank Klaß lobte in die Entscheidung, einen Schwerpunkt auch auf die örtliche Entwicklung zu legen. Klaß: „Wir sind dankbar und stolz auf die Arbeit von Frau Dr. Schlicht. Sie ist die Mutter der emsländischen Heimatforschung.“

Bernd Eggert, Vorsitzender des Forums Sögel, zeigte sich erfreut über die Resonanz zur Ausstellungseröffnung. „Wir wollen vor allem denjenigen, die die Aufbaujahre nicht selbst erlebt haben, zeigen, wie schwierig es war, das Emsland so zu entwickeln, wie wir es heute kennen – besonders in Bezug auf die Infrastruktur. 

Im Mittelpunkt der Ausstellung „Neustart Heimat Dr. Elisabeth Schlicht und der Emslandplan“, die Dr. Benjamin van der Linde, Leiter der Fachstelle Regionalgeschichte beim Emsländischen Heimatbund und Kurator der Ausstellung, vorstellte, steht die in Sögel geborene Volkswirtin Dr. Elisabeth Schlicht, eine bislang wenig beachtete, aber zentrale Gestalterin des frühen Emslandplans.

Nach Angaben von Dr. Benjamin van der Linde ist die Ausstellung thematisch gegliedert und macht das Leben sowie das Wirken von Dr. Elisabeth Schlicht anschaulich und lebendig.
Grundlage der Präsentation ist ein umfangreicher Nachlass, der viele historische Fotografien enthält. Bereits zu Lebzeiten hatte Dr. Schlicht eine Sammlung angelegt – auch mit Unterstützung ihres Vaters, der selbst ein engagierter Heimatkundler war. 

Neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit hat Dr. Schlicht auch archäologische Ausgrabungen geleitet. Die vom Emsländischen Heimatbund unter der Federführung von Dr. van der Linde gesammelten Informationen sind auf insgesamt 19 Stelltafeln dargestellt. Diese geben einen guten Einblick in ihre Schaffen. Deutlich wurde dabei, dass Schlicht eine Vielzahl an Projekten umsetzte und in ihren unterschiedlichen beruflichen Tätigkeiten stark gefordert war – mitunter sogar überlastet. 

Sie wird mit den Worten zitiert: „Auf dem Weg ins Moderne verschwindet vieles Historisches, was die Dörfer gekennzeichnet hat.“ Der fortschreitende Wandel der Dörfer im Zuge des Emslandplans habe ihr Kummer bereitet, insbesondere weil dabei kulturelles Erbe und historische Strukturen verloren gingen. 

Die Ausstellung präsentiert Schlichts Wirken anhand von Originalquellen, Fotografien, Briefen und Tonaufnahmen. Dabei wird deutlich, wie stark ihr Engagement zur Verbesserung der Lebensverhältnisse im ländlichen Raum beitrug – und wie zukunftsweisend ihr Verständnis von Heimat und gesellschaftlichem Zusammenhalt war. Der (vergebliche) Erhalt des alten Strotmanns-Hofs in Werlte, der Schutz der Stein- und Hügelgräber, die Sichtbarmachung der Denkmäler durch Beschilderung, die „Rettung“ der Hüvener Mühle, der Naturschutz, die Auflegung des Emsland-Jahrbuches und weiterer Bildbände gehören zu Schlichters Leistungsspektrums. 

Ein zentrales Anliegen von Dr. Schlicht war es, angesichts des Zuzugs vieler Menschen – sei es infolge von Flucht und Vertreibung oder durch die industrielle Entwicklung, beispielsweise rund um die Ölwerke bei Dalum – den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Dörfern zu fördern. Sie sprach sich dafür aus, gezielt Heimatvereine zu gründen, um neue und alteingesessene Bewohner zusammenzubringen und ein gemeinsames Heimatgefühl zu entwickeln. 

Das Leben von Elisabeth Schlicht war dabei nicht nur von Erfolgen geprägt. An verschiedenen Stellen eckte sie mit ihren Überzeugungen an. Letztlich führte dies auch dazu, dass sie 1963 ihre berufliche Tätigkeit niederlegte. Eine wichtige Vertrauensperson war für Elisabeth Schlicht in den Vorjahren der Geschäftsführer der Emsland GmbH, Johann Dietrich Lauenstein, der dem Kulturschutz ebenfalls positiv gegenüberstand.
 
Relativ spät fand Elisabeth Schlicht die verdiente Anerkennung ihrer Arbeit, unter anderem 1986 durch die Verleihung des Kulturpreises des Landkreises Emsland. 

So wirkte sich der Emslandplan in Sögel aus

In Sögel und Umgebung sorgte der Emslandplan für eine positive Entwicklung in vielen Bereichen. Das Forum Sögel hat Schautafeln erstellt, die mit interessanten Bilder und Textbeiträge beschreibt, was sich innerorts und außerorts entwickelt hat.

Forumsvorsitzender Bernd Eggert erinnerte an den verstorbenen Heimatforscher Bernd Schulte, dessen Beitrag im Buch „Sögel nach 1950“ eine wichtige inhaltliche Grundlage für die Ausstellung bot. Mit großem Engagement setzte sich auch das Team des Forums Sögel und insbesondere Hermann Wichmann für die Realisierung ein, betonte Eggert. 


Das sind die Schwerpunktthemen: 

Neuansiedlung und Umsiedlung von Betrieben 
In Sögel siedelten sich im Zuge des Emslandplans neue Gewerbe- und Industriebetriebe an. Gründe dafür waren die Verfügbarkeit erschlossener Flächen, günstiger Landerwerb, die Förderung durch die Kommune und die Emsland GmbH sowie attraktive Lebensbedingungen für Beschäftigte und ihre Familien.Beispiele für neu angesiedelte Firmen sind der Schlachthof, die Möbelfabrik Klose und ein Bekleidungswerk. Auch die Umsiedlung bestehender Betriebe aus der Ortsmitte in neu erschlossene Außenbereiche trug zur positiven Entwicklung bei. Dadurch wurden Betriebserweiterungen ermöglicht und neue Arbeitsplätze geschaffen. Der vorhandene Bahnanschluss, günstiger Landerwerb und nicht zuletzt die Förderung durch die Emsland GmbH waren dabei wichtige Standortvorteile. 

Wiederaufforstung
In Sögel und Umgebung war in den Nachkriegsjahren eine Wiederaufforstung dringend notwendig. Etwa 12 Prozent des Holzbestands waren durch kriegsbedingte Abholzungen, Holzlieferungen nach England als Reparationen, Grubenholzlieferungen ins Ruhrgebiet sowie den Eigenbedarf an Bauholz für den Wiederaufbau verloren gegangen.
Im Jahr 1972 verursachte zudem ein Orkan mit Windstärke 13 schwere Verwüstungen, bei denen im Emsland rund 4.000 Hektar Wald vernichtet wurden. Die Räumung der zerstörten Flächen und die anschließende Aufforstung – zunächst per Hand, später mithilfe eigens in Sögel entwickelter Maschinen – verliefen erfolgreich. Heute sind rund 27 Prozent der Fläche der Samtgemeinde Sögel wieder bewaldet.  

Radderegulierung
Kaum vorstellbar erscheint heute die Regulierung der Nordradde, die 1957 nach einer Eingabe von über 40 Sögeler Bauern durchgeführt wurde. Ziel war die Beseitigung von Staunässe, da die Uferflächen mit modernen Maschinen nicht bearbeitet werden konnten, die Zufahrten in schlechtem Zustand waren und minderwertige Gräser nur geringe Erträge brachten. Die Emsland GmbH finanzierte den Ausbau mit einem Volumen von rund 20 Millionen DM. 

Strom, Wasser und Verkehr 
Während Sögel zunächst nur teilweise mit Elektrizität versorgt war, mussten weitere Gebiete – sowohl für Wohnbebauung als auch für Gewerbe und landwirtschaftliche Betriebe – an das Stromnetz angeschlossen werden. Freileitungen wurden später durch unterirdische Versorgungskabel ersetzt. Auch die Trinkwasserversorgung wurde verbessert; das Wasserwerk in Werlte unterstützte dabei tatkräftig.
Parallel dazu wurde das Abwasserproblem durch den Ausbau der Kanalisation und den Bau einer Kläranlage angegangen.
Im Rahmen des Emslandplans machten auch die Verkehrsanbindungen große Fortschritte: Aus sandigen und nassen Wegen oder Kopfsteinpflasterstraßen wurden befestigte Verkehrswege.
Ein markantes Beispiel ist die bis dahin morastige Sigiltrastraße in Höhe des Mühlenbergs, wo später auch die Mühlenberg-Kaserne entstand. 


Emslandliebe – Gestern. Heute. Morgen.

Das Themenjahr 2025 rund um das Jubiläum „75 Jahre Emslandplan“ ist eine Serie aus Erzählungen in Kooperation mit der Emsländischen Landschaft, der Emsland Tourismus GmbH und des Emsland-Kuriers.