Seit 1992 rund zwei Millionen Euro investiert
Ihr Verlauf führt die Mittelradde zunächst östlich von Bockholte südwärts durch das sogenannte „Dosenmoor“. Dann knickt sie nach Südwesten ab und passiert Werlte, Auen und Holthaus. Dann verläuft der Fluss vorbei an Wehm, Wieste, Wachtum, Vinnen, Lahn und Ahmsen.
Nahe Hüven schöpfte die einzigartige Wind- und Wassermühle Hüvener Mühle, an der Landesstraße 65 gelegen, die Wasserkraft des Flusses ab. Von dort geht der Verlauf weiter über Lähden, Groß Berßen, Klein Berßen und Westerloh.
Weiter werden die Ortschaften Hülsen und Lohe passiert, die Gleise der Meppen-Haselünner Eisenbahn und die Trasse der Bundesstraße 402 bei Lahre unterquert.
Hinter dem Haselünner Ortsteil Klein Dörgen mündet die Mittelradde schließlich in dem von Südosten kommenden Ems-Nebenfluss die Hase. Die Mittelradde hat ein Einzugsgebiet von etwa 210 Quadratkilometer.
Nun konnte im Naturkundehaus Lähden auf eine drei Jahrzehnte währende Erfolgsgeschichte des Waser- und Bodenverbandes (WBV) Mittelradde zurückgeblickt werden. Ferner wurde der langjährige Verbandsvorsteher Bernhard van der Ahe verabschiedet.
Der Geschäftsführer des Kreisverbandes Emsland-Mitte für Gewässer und Wege, Gerd Droste skizzierte die Geschichte der Mittelradde. Der WBV Mittelradde ist Teil des Kreisverbandes Emsland-Mitte.
Bereits im Sommer 1935 rückte die Mittelradde in den Fokus der Politik. Es wurden Planungen und Vorbereitungen für einen umfassenden Meliorationsentwurf aufgenommen. Ein Meliorationsentwurf ist die detaillierte Planung für Maßnahmen zur Bodenverbesserung, die darauf abzielen, die Erträge in der Land- und Forstwirtschaft zu steigern und die Flächennutzung zu optimieren. Er beinhaltet die Gestaltung von Entwässerungs- oder Bewässerungssystemen, um den Wasserhaushalt des Bodens zu verbessern und so die Lebens- und Produktionsgrundlage „Boden“ zu fördern.
Bei den damaligen Erhebungen zu dem Entwurf wurde im August 1938 festgestellt, dass weniger als ein Prozent – nämlich nur 12 Hektar – des etwa 2 800 Hektar großen Entwurfsgebietes als Ackerland genutzt werden. Etwas über 38 Prozent (1 067 Hektar) waren Ödland, 1 057 Hektar (knapp 38 Prozent) Wiesen sowie 537 Hektar „wilde“ Wiesen und 119 Hektar Wege- und Wasserflächen.
Die Schaffung guter Dauergrünlandflächen in den tiefergelegenen Gebietsteilen, die Schaffung von guten Ackerflächen in den höhergelegenen Gebietsteilen sowie die Steigerung der Menge und Qualität der landwirtschaftlichen Erträge unter weitgehender Ausschaltung des wasserbeeinflussenden Risikos waren Schwerpunkte der damaligen Planungsziele. Ferner sollte die Bewirtschaftung der Grundstücke durch Maschinen verbessert werden und schließlich auf den meliorierten Flächen sich neue Siedler ansässig machen.
Der Ausbau der Mittelradde als „Hauptvorfluter“ für das Verbandsgebiet begann im Juni 1953 und wurde 1959 fertiggestellt. Die Gesamtkosten für die Entwässerung und Kultivierung des Mittelraddetales betrugen 15,9 Millionen DM. Der Wasser- und Bodenverband „Mittelradde“ hat davon 20 Prozent als Eigenleistungen aufgebracht (darunter 2,1 Millionen DM als Kredite).
Zudem sind mit einem Kostenaufwand von 8 Millionen DM auf rund 3 000 Hektar Flächen Bodenverbesserungsmaßnahmen durch Tiefpflügen, teilweise mit dem legendären Ottomeyer-Dampfpflug, durchgeführt worden. Der überwiegende Teil der Zuschüsse wurde damals im Rahmen des Emslandplanes zur Verfügung gestellt.
Ende der 1980er Jahre beschloss der Landkreis Emsland „ökologisch orientierte Nachbauten“ an Gewässern durchzuführen, und die beim früheren Ausbau vernachlässigten ökologischen Erfordernisse nachzuholen. Der Umweltausschuss des Kreistages empfahl dafür die „Mittelradde“ als Pilotprojekt vorzusehen.
Die Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, eine Verminderung der schädlichen Einträge aus der Landwirtschaft sowie die Schaffung von Vernetzungen und Eröffnung von Wanderungsmöglichkeiten für Tiere und Pflanzen in den Gewässersystemen wurden als Ziele für den Nachbau der Mittelradde formuliert.
Darüber hinaus sollte für die an Fließgewässer gebundenen Tier- und Pflanzenarten im Wasser- und Uferbereich durch Verbesserung der ökologischen Verhältnisse ein differenzierter Lebensraum wieder hergestellt werden.
Hierzu wurden in den Jahren 1992 bis 1996 ökologische wertvolle Flächen sowie an der Mittelradde liegende landwirtschaftlich intensiv genutzte Ackerflächen erworben oder durch Zahlung von Ausfallentschädigungen an den Wasser- und Bodenverband Mittelradde gebunden.
Auf den erworbenen Flächen wurden landschaftsgestaltende Maßnahmen durchgeführt. Durch sogenannte Profilaufweitungen – als Beitrag zu einer naturnahmen Entwicklung – Schaffung von Wassertümpeln mit verschiedensten Wassertiefen und Böschungsneigungen sowie einzelnen Laufverlängerungen des Flusses wurden landschaftsgestaltende Maßnahmen auf den erworbenen Flächen durchgeführt. Geeignete Flächen wurden mit standortgerechten Gehölzen bepflanzt. So wurden über Jahre hinweg differenzierte Lebens- sowie geeignete Rückzugsräume für verschiedenste Tier- und Pflanzenarten geschaffen.
Um Höhenunterschiede zu überwinden gab es im Verlauf der Mittelradde acht sogenannte Sohlabstürze. Diese bildeten für aquatische und amphibische Lebewesen biologische Sperren. Eine Wanderung der Lebewesen in andere Gewässerregionen wurde dadurch verhindert. Diese Sperren, die aus Stahlspundbohlen bestanden, wurden wieder abgebaut und in sogenannte Sohlgleiten umgestaltet. Dadurch wird den Bewohnern des Flusses wieder eine Wanderung ermöglicht.
Die Gesamtkosten aller Maßnahmen betrugen rund 2 Millionen Euro, wovon 800 000 Euro für Grunderwerb, 340 000 Euro für Ausfallentschädigungen, 580 000 Euro für den Rückbau der Sohlabstürze und insgesamt 280 000 für Einzelmaßnahmen wie Profilaufweitungen oder Laufverlängerungen ausgegeben wurden.
Heute zeigt sich die Mittelradde mit einem naturnahen und malerischen Verlauf. Sowohl die Tierwelt als auch die Pflanzenwelt finden eine lebenswerte und ökologisch wertvolle Lebensgrundlage.
Der Rückbau der Sohlabstürze, Laufverlängerungen, zahlreiche kleine Gewässer und Tümpel entlang des Verlaufs des Flusses bilden einzigartige Biotope.
Den Wanderer und Radfahrer entlang der Mittelradde erwarten informative Schautafel über Flora und Fauna entlang des Gewässers. Sitzgruppen, Überdachungen und Ruheplätze laden zu einem naturnahen Erlebnis ein.
Emslandliebe – Gestern. Heute. Morgen.
Das Themenjahr 2025 rund um das Jubiläum „75 Jahre Emslandplan“ ist eine Serie aus Erzählungen in Kooperation mit der Emsländischen Landschaft, der Emsland Tourismus GmbH und des Emsland-Kuriers.
In der Nähe